Wir über uns
Der Posthof: ein historisches Gebäude im Herzen Nienburgs
In ganz Nienburg erfreut sich der Posthof großer Bekannt- und Beliebtheit. Dank der zentralen Lage kommt man oft an dem Gebäude vorbei, vielleicht bleibt sogar Zeit für eine Runde Schach oder ein Eis im gegenüber liegenden Cafe.
Erbaut wurde das Haus im 16. Jahrhundert als Taxissche Poststation. Nienburg wurde für die Postkutschen zu einem wichtigen Knotenpunkt, da die Lage der Stadt am bedeutendsten Weserübergang zwischen Minden und Bremen besonders vorteilhaft war. Noch heute sind im Keller die Stellplätze für die Pferde zu erkennen.
Bis 1864 war im Posthof das königliche Postamt untergebracht, danach wurde es als Wohnhaus genutzt und um einige Anbauten oder direkt angrenzende Häuser ergänzt.
Erst 1974 entwickelte sich in Nienburg eine Diskussion über eine zeitgemäße und öffentliche Nutzung des Posthofes. Diese führte dazu, dass die Stadt das Grundstück und Haus erwarb und sanierte. Im Oktober 1977 wurde das Gebäude als neue Stadtbibliothek eingeweiht.
Geschichte der Stadtbibliothek
Seit etwa 1820 gab es in Nienburg gewerbsmäßige Leihbüchereien oder Lesezirkel. Zudem bildeten sich Vereine, die sich mit Büchersammlungen an das lesefreundliche Nienburger Publikum wandten.
1838 wurde ein Bibliotheksverein gegründet, der bis 1862 ca. 2000 Bücher angesammelt hatte. Parallel existierten weitere Büchersammlungen: zum Beispiel die des 1851 gegründeten Arbeiter-Bildungsvereins oder die des nach 1871 gegründeten Kriegervereins mit jeweils ca. 200 Bänden.
Den entscheidenden Schritt zur "Volksbibliothek" wagte ein Privatmann kurz vor der Jahrhundertwende:
"Am 28. August 1898 eröffnete Wilhelm Rühmkorff (der als Professor der Baugewerkschule seine privaten und zu Forschungszwecken gesammelten Bücher jedermann zugänglich machte) in eigenen Räumen eine "Volksbibliothek mit Lesesaal der Stadt Nienburg". Diese Einrichtung erkannte der Magistrat als eine öffentliche Bibliothek an, und die Kämmereikasse zahlte in den Jahren 1899 - 1902 an Rühmkorff einen Zuschuss von 50 Mark im Jahr. Seit 1901 bezeichnete der Magistrat diese Sammlungen als städtische Volksbibliothek, und somit kann dieses Jahr auch wohl mit Fug und Recht als das Gründungsjahr der Stadtbücherei angesehen werden."
Wenig später, im Jahre 1903, hielt der Nienburger Pastor Apel auf der Bezirkssynode eine Rede zum Thema "Volksbibliotheken" - mit besonderen Folgen:
"Der Magistrat stellte bei dieser Gelegenheit fest, dass die vorhandene Bibliothek noch viel zu wenig bekannt sei und vielleicht nur jeder zwanzigste Bürger von dieser Einrichtung etwas wisse. Deshalb gab er am 2. Oktober 1903 in der Zeitung ‚Die Harke' folgendes bekannt: ‚ Die städtische Volksbibliothek befindet sich in der städtischen Gewerbeschule am Wall, gegenüber der Gasanstalt. Bücher werden am Sonntag Nachmittag von 3 Uhr an ausgegeben. Auch ein Lesezimmer mit Gelegenheit zum Briefeschreiben ist vorhanden. Die Benutzung ist unentgeltlich:"
So entwickelte sich die Volksbibliothek zu einer festen Einrichtung in Nienburg, die allerdings immer dem Zeitgeist unterworfen war: Während des Ersten Weltkrieges,
"im März 1916 verordnete der preußische Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten, dass nur noch solche Bücher zu beschaffen seien, die ‚das Verständnis für die Bedeutung und die mannigfachen Beziehungen dieses Krieges vertiefen und die sittlichen und religiösen Kräfte, die sich in dem opferreichen Kampf für das Vaterland offenbart haben, erhalten und stärken'".
1919 wurde die Volksbibliothek geschlossen, das Gebäude als Wohnhaus genutzt. Die Bestände wanderten in die Schlossplatzschule, wo die Bibliothek nach den Sommerferien in einem Klassenraum wieder den Betrieb aufnahm. Zunächst einmal, später zweimal pro Woche fand die Ausleihe statt. Seit Oktober 1921 wurde die Leitung der Bücherei finanziell vergütet.
In den folgenden Jahren bekam auch die Bibliothek die Folgen der Inflation zu spüren:
"Im Jahre 1923 konnte die Stadt kein Geld für Buchbeschaffungen hergeben. Als dann aber der Hannoversche Volksbüchereiverband preisgünstig Bücher anbot - 32 Bücher für 740 000 Mark - konnte der Magistrat nicht widerstehen. Als die Bücher dann geliefert wurden, war die Geldentwertung so schnell fortgeschritten, dass nun für Porto und Verpackung allein 1 557 000 Mark zu bezahlen waren."
1926 verfügte die Volksbibliothek über mehr als 1600 Bände, der in der Folge wuchs, da es einen festen Etat für Beschaffung und Unterhaltung des Buchbestandes gab. Zudem wurde eine Büchereikommission eingesetzt. Die Bemühungen des Büchereileiters, in neue Räume innerhalb des Schulgebäudes umzuziehen, schlugen zunächst fehl, weil das Geld fehlte. 1932 allerdings zog die Bibliothek dann doch um, und zwar in ein Gebäude an der Großen Kirchstraße, das heute nicht mehr existiert.
Im Jahre 1935 spürten die Bibliotheken die Vorgehensweise der nationalsozialistischen Machthaber:
"Staatliche Beratungsstellen hatten dafür zu sorgen, ‚dass die Büchereien im Geiste des Nationalsozialismus arbeiten, dass ungeeignete Bestände ausgeschieden und Neuanschaffungen nur mit Genehmigung der Beratungsstelle vorgenommen werden'".
Listen mit "unerwünschten Autoren" wurden in den Bibliotheken verteilt. Umgekehrt hatte der Büchereileiter über die Neuanschaffungen pflichtgemäß zu berichten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging es unter umgekehrten Vorzeichen weiter: das "nationalpolitische Schrifttum" wurde entfernt. Stattdessen wurden die Bibliotheken unverzichtbare Einrichtungen auf dem Wege zu einer Demokratie: sie sollten allen Bürgern für Bildung, Information und Freizeitinteressen offen stehen. Trotzdem gab es immer noch "schwarze" Listen über "Bücher mit bedenklichem Inhalt", auf denen beispielsweise die Märchen der Gebrüder Grimm zu finden waren.
Am 13. August 1945 wurde die Wiedereröffnung der öffentlichen Bücherei in Nienburg durch die britische Militärregierung genehmigt. Bis zur tatsächlichen Eröffnung verging allerdings noch fast ein Jahr:
"Am 5. Juli 1946 gab Stadtdirektor Hildebrand bekannt, dass die Bücherei wieder zur Verfügung stünde und dienstags und freitags von 16 bis 18 Uhr Bücher entliehen werden könnten. 3700 Bände standen zur Verfügung".
Die Nachfrage war groß und war bald nicht mehr mit neben- oder ehrenamtlichen Kräften zu bewältigen. Im April 1947 wurde der erste hauptamtliche Büchereileiter eingestellt, der bald von einer vollbeschäftigten Hilfskraft unterstützt wurde. In diesem Jahr wurden mehr als 20.000, im Jahr darauf sogar 30.000 Entleihungen gezählt.
Im November 1951 wurde das 50-jährige Bestehen der Stadtbücherei gefeiert - und gleichzeitig der Umzug in das stadteigene Haus Lange Str. 39. Damit befand sich die Bücherei unter einem Dach mit dem Schul- und Kulturamt sowie der Volkshochschule. 5000 Bände standen nun zur Verfügung, und zum ersten Mal konnten die Leser selbst an die Regale gehen und ihre Bücher auswählen: das Prinzip der Thekenausleihe wurde zugunsten der Freihandaufstellung aufgegeben.
Schon 1961 wurden die vorhandenen Räume als unzureichend empfunden, eine Verbesserung war jedoch zunächst nicht möglich. Die Ausleihzahlen stagnierten. Erst 1969 wurden die Büchereiräume renoviert und der vorhandene Platz besser genutzt, ein Raum konnte hinzugewonnen werden. Bücher, die nicht oder nur selten entliehen waren, wurden aussortiert.
1972 wurde das Angebot erweitert: neue Medien wie Schallplatten, Kassetten oder Spiele standen zur Verfügung. 1976 war die Zahl der Medien auf insgesamt mehr als 12000 Medien angewachsen, die Räume waren endgültig zu klein. Dieses Problem konnte mit dem Umzug an den heutigen Standort gelöst werden.
Am 15. Oktober 1977 wurde die Stadtbibliothek im Posthof eröffnet. Neben dem Bibliotheksangebot sollte der Schwerpunkt vor allem auf kulturellen Veranstaltungen liegen. Eine Vielzahl von Ausstellungen, Lesungen oder Konzerten wurde seitdem im Posthof präsentiert.
Zum 10-jährigen Jubiläum der Stadtbibliothek wurde 1987 auch das Dachgeschoss umgebaut und als Bibliotheksraum genutzt (vorher war hier die Privatwohnung der Bibliotheksleitung untergebracht).
Mit Beginn der Neunziger Jahre verlagerte sich der Schwerpunkt der Bibliotheksarbeit auf den gezielten Ausbau des Medienbestandes. Vor allem neue Medien wie CD's und CD-ROM's wurden angeschafft und erfreuen sich seitdem großer Beliebtheit.
Im Jahr 2001 zog das Computerzeitalter in die Bibliothek ein: der Ausleihbetrieb wurde komplett auf EDV umgestellt. Zusätzlich wurde ein Raum mit sechs Internet-PC's ausgestattet, die den Besuchern zur Verfügung stehen.
Die Bibliothek versteht sich als eine moderne und serviceorientierte öffentliche Einrichtung, die ihren Kunden ein aktuelles Medienangebot für Bildung und Unterhaltung präsentieren möchte.
Quelle: Böckelmann, Karl: "Hundert Jahre Öffentliches Büchereiwesen in Nienburg"
In: Der Posthof - Stadtbibliothek Nienburg, Oktober 1977, S. 22ff